Geärgert hat mich die sinnfreie Sinnsucherei immer erst dann, wenn sie in meiner Gegenwart statt fand. Wer das für und an sich betreiben will: nur Mut.

Aber richtig aufgewacht bin ich als, während einer der Debatten am Feuer, mein damals 10 jähriger Sohn das Thema "Weg als Ziel" mit der Frage "Ich dachte das Ziel ist das Ziel ?" wieder vom Kopf auf die Füsse stellte.

R. Messner hat in seinem Buch "Der 7. Grad" die Frage nach einem Sinn im Klettern u. a. mit dem Hinweis auf "den Seelenkrebs des nichtgelebten Lebens" beantwortet. Und auch wenn er's einem oft nicht leicht macht - aber hier hat er etwas benannt, das man die Geissel des aktuellen Zeitgeistes nennen kann. Je fetischfreier ein Mensch lebt, desto genauer kann er sich auf den Punkt bringen und den Augenblick geniessen.

Kleiner Excurs damits nicht so trocken wird: Am Dienstag bumst das Schaf den Hammel - davor hat es heut schon Bammel. *Excurs Ende*

Da wo sich "Leben" ereignet, ist immer das hier und jetzt. Dies gilt insbesondere für das Leben in der permanenten Krise Kapitalismus. Der Denkfehler der Gewerkschaft ist brutal: von der Liedzeile "Brüder zur Sonne zur Freiheit" mutierten sie zu Vertetern des "Ende der Geschichte" und rufen nun das "Recht auf Arbeit" aus. Was tatsächlich geschieht ist, dass alle in einem Boot sitzen. Nicht alle auf dem gleichen Deck - aber das Boot ist für alle gleich: Das Diktat des Verwertungsprozesses lässt Leben nur noch im Ersatz zu. 

Individualität soll sich in zu kaufender Mode ausdrücken. Selbstbesinnung ist keine eigenständige Kategorie, sondern Funktion von "human ressources" - und wird von Personalplanern verordnet. Der Herzkasper um die 60 ist eine statistische Signifikanz und keine Bankrotterklärung - aber dafür hat man(n) ein Leben lang gebuckelt und Vorsorge betrieben. Gut getrommelt Herr Messner: der Seelenkrebs des nichtgelebten Lebens.

 

Wer in diesem ganzen Wahnsinn anfängt "Sinn" suchen zu wollen, ist dem Wahnsinn im Wortsinn verfallen.

Klettern, wie ich es verstehe, ist subversiv. Es wird geprägt von den Grössen Eigenverantwortung, Initiative und Selbstbezüglich (Für die Korinthenkacker: ja ich weiss, es gibt da die Probleme mit dem Paradoxen und den Ressourcen). Alles Kategorien die sich nur schlecht kommerzialisieren lassen. Dass sich die Fetischmentalität trotzdem im Klettern breit machen konnte, hat Gründe:Klettern kann man nicht trainieren - man kann sich nur kletternd verbessern. Dieser Satz gilt um so mehr, als die Segmentierung von Touren zu einer Aneinanderreihung von Boulderpassagen, das Klettern in die Falle der Fremdressourcen geführt hat. Und in der Konsequenz Felsen in der Wahrnehmung der "Nutzer" eher ein Sportgerät geworden sind. Die letzten 3 Sätze dürft Ihr nun gerne selber weiter entwickeln.

Zurück zur Überschrift: Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst. Der Wahn-Sinn der Verwertungsprozesse und der Kaufzwänge ist der Seelenkrebs. Wer all dem dann noch einen übergeordneten Sinn abgewinnen will, landet bei so schwachsinnigen Phrasen wie "das Klatschen der einen Hand" oder göttlicher Fremdbesamung.

Bierseelig 1965 auf der Rohrauer Hütte gesungen: Mei Dande hod a Kend griagd, se wois ed vo wem - mei Nochbor hod an Goisbogg, vieleichd isch's vo dem. - Das dröhnende Leben *g*

 

 

doin my social suicid
doin my social suicid

Nachdem mich Nachfragen erreicht haben, hier ein paar klärende Stichworte:

-Sinnsuchende sind tatsächlich nur orientierungslos.

-Kletterer werden von der Lust am Leben angetrieben.

-Wer kletternd durchatmet nach einem atemabschnürenden Alltag, regeneriert sich nur für die nächste Atemabschnürung: was für eine Verschwendung!

-Ein Fetisch ist immer nur der Schein der Sache - nie die Sache selbst.

-Teile der Arbeiterbewegung waren einmal auf dem Weg hin zu selbstorganisiertem Leben ausserhalb von Verwertungszwängen. Dieser Teil wurde erfolgreich kriminalisiert und psychiatrisiert. Geblieben ist die Gewerkschaft mit der Parole "Recht auf Arbeit" - was konkret bedeutet, dass die Kapitalisierung aller Lebensbereiche total geworden ist.

-Das Klettern (also die Kletterer) hat mit dem wuchernden Geschwür Kletterhalle der Kapitalisierung ihrer Subkultur das Einfallstor selbst geschaffen. Die Büchse der Pandora öffnete Altmeister Güllerich mit einem Artikel in dem er "klettern" eine besondere Qualität jenseits des sportlichen abgesprochen hat, und dabei gleich das Profitum samt Werbung propagierte.

-Es gibt Dinge, Vorgänge oder was auch immer, die möglicherweise nie erklärbar sein werden. Das kann man aktzeptieren, und sich dann weiter mit einem Feigen-Entensößchen beschäftigen. Aber anscheinend besteht eine pathologische Sucht nach Erklärungssystemen - auch wenn diese an den Haaren herbei gezogen wurden. - Warum sich das durchsetzt? -hehe- Weil das gewünscht ist: Alle (Alle!) großen Religionen sind in ihren jeweiligen Regionen mit der dort herrschenden Macht verbandelt. Das Konzil von Nicäa ist dafür ein hübsches Beispiel.

Jahrgang 1949

-Klettern by all means seit 1964

-1 Jahr Knast wegen erwiesenem Schwachsinn.

-Berufungen u.a. als Gärtner, Aushilfskoch, Coach und Monteur.

-Einen sehr gelungenen Sohn.

-Mit einer Frau verbandelt, die auf allen Gebieten mindestens 1 Kunststück kann.

-Die letzen Jahre mehr auf dem mtb denn am Fels-

und die Wüsten als neue Spielwiese entdeckt.

-Fazit: das was wichtig ist, ist letzlich gut geworden. die Jahre in denen es nicht so gut lief, sind nur der Preis, der dafür nötig war.